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Vergesellschaftung von fremden Kastraten

Die Vergesellschaftung von einander fremden Kastraten wird oft als „unmöglich“ oder „extrem schwierig“ beschrieben. Ist in einer Gruppe bereits ein Kastrat vorhanden wird geraten keinen neuen hinzuzuvergesellschaften. Dies schränkt natürlich die Vermittlungschancen von Kastraten extrem ein. Wenn man einige Dinge beachtet und sich mit der Körpersprache der Mäuse gut auskennt (bzw. kompetente Beratung zur Seite stehen hat), gelingen Kastratenvergesellschaftungen in ca. 8 von 10 Fällen.

:!: Wurden Böckchen vor der Kastration getrennt, so erkennen sie sich nicht mehr als „Familie“ an. Sobald die Tiere länger als 48 Stunden getrennt waren muss man sie wie einander fremde Tiere behandeln.

Wann sollte man von einer Vergesellschaftung von Kastraten absehen?

Nicht ratsam ist ein Vergesellschaftungsversuch unmittelbar nach der Kastration, da der Hormonlevel, der die Grundlage für das aggressive Verhalten darstellt, erst langsam absinkt. Ein Vergesellschaftungsversuch sollte deswegen erst 6-8 Wochen (als Anfänger eher 12 Wochen) nach der Kastration gestartet werden.

Ebenfalls abzusehen ist von einem Vergesellschaftungsversuch wenn man im Falle eines Misslingens keine Möglichkeit hat die Gruppe zu trennen oder das Risiko, dass eine funktionierende Gruppe zerbricht, zu hoch ist. Beispielsweise würde man zu einer Gruppe aus 6 Kastraten nicht versuchen einen einzelnen hinzu zu setzen. Je mehr Parteien es gibt, desto geringer ist die Chance dass sich zwei „nicht riechen“ können.

Wann ist eine Kastraten-Vergesellschaftung angeraten?

Besonders gut funktioniert eine Vergesellschaftung von Langzeitkastraten, also Tieren, die bereits über 6 Monate kastriert sind. Diese Tiere sind meist sehr friedfertig und akzeptieren männliche Gesellschaft leichter. Ausnahmen gibt es selbstverständlich immer.

Eine Vergesellschaftung von einzeln sitzenden (sogenannten Solo-)Kastraten ist immer einen Versuch wert. Oftmals sind diese Tiere über Gesellschaft so glücklich dass die Vergesellschaftung recht ruhig abläuft.

Für alleinsitzende Böcke, die das Kastrationsalter (ab einem Alter von etwa 3 Monaten bis 12 Monaten, bei fiten Tieren auch entsprechend einige Monate länger) überschritten haben, ist die Vergesellschaftung mit einem oder besser zwei Kastraten (damit nach dem Tod des Böckchens oder falls der Kastrat überraschend an einer Krankheit stirbt nicht wieder ein Tier alleine sitzt) die einzige artgerechte Lösung, um nicht alleine sterben zu müssen.

Was unterscheidet eine Vergesellschaftung von Kastraten von einer Vergesellschaftung zwischen Kastraten & Weibchen oder Weibchen untereinander?

Kastraten sind teilweise etwas ruppiger im Umgang miteinander. Die Chance dass sich zwei Tiere nicht „riechen können“ ist höher als bei Weibchen. Ihre Rangordnungsdiskussionen können aggressiver und langanhaltender sein als die der Weibchen. Deswegen ist es wichtig, dass man sich im mausischen Verhalten gut auskennt, um die Situation allzeit gut einschätzen zu können. Viele Informationen hierzu findet man in der Rubrik Farbmausverhalten.

Eine kurze Übersicht mit Interpretation und Gefahrenpotential gibt es hier trotzdem, speziell auf Kastraten zugeschnitten:

1) Putzen - Kontaktaufnahme, die Mäuse verstehen sich, sorgt für Stabilisierung des Gruppenduftes

2) Hinterteil und Nase intensiv beschnuppern - Identitätscheck: „Ich kenn dich nicht, warte kurz ich will wissen wer du bist“ Diese Checks werden auch nach erfolgreicher Vergesellschaftung immer wieder durchgeführt. Langanhaltendes Beschnuppern kann Aggressionen auslösen und sollte unterbrochen werden (anpusten) bevor es zu einem Kampf kommt.

3) Hinterherlaufen - „Bleib stehen, ich will dich weiter schnuppern“ Die Maus ist sich nicht ganz sicher ob sie denjenigen nun kennt oder nicht. Läuft ein Kastrat einem Weibchen nach und beschnuppert ihr Hinterteil kann es sich auch um einen „Läufigkeitscheck“ handeln.

4) Köpfchen unter andre Maus schieben - Aufforderung zum putzen. Die auffordernde Maus beschwichtigt das andere Tier. Dient zur Klärung und Stabilisierung der Rangordnung.

5) Verfolgungsjagd - Kann verschiedene Ursachen haben, vom harmlosen „Du hast was zu essen was mir gehört.“, „Ich will dich doch nur genauer betrachten“ bis hin zum misstrauischen „Hm ich kenn dich nicht, verschwinde hier.“ Punkt 3) und 5) sind oft nicht ganz einfach abzugrenzen.

6) Aufreiten- Dominanzgeste. Auch unter Weibchen zu beobachten. Die aufreitende Maus zeigt, dass sie in der Rangordnung höher steht. Der Bestiegene kann sich heftig wehren - im Auge behalten und bei beginnenden Aggressionen eingreifen! Bei Kastraten auf Weibchen auch als Deckakt. Nicht jeder Kastrat ist noch sexuell aktiv.

7) Zwicken - Zwickt ein Kastrat eine Dame ist das oft eine Art Festhalten zum genauen Betrachten. Häufig als Vorstufe zu sexuelle Aktivitäten bei denen der Kastrat die Damen oft im Nackenfell festhält. Zwicken unter Kastraten: „Du gehörst hier nicht hin, das ist mein Revier, weg hier!“

8) Eine Maus schnuppert, die andere stellt sich auf die Hinterbeine und hält die Vorderpfoten nach vorne. Die aufstehende Maus ist eingeschüchtert, sie versucht die schnuppernde Maus von sich abzuhalten. Oft mit quiecken verbunden. Teilweise laufen bei die Tiere bei anhaltendem Beschnuppern schreiend weg oder kippen sogar um und bleiben quietschend liegen. Kann leicht in Aggression und Vorwärtsverteidigung umschlagen. Sollte durch leichtes Anpusten entschärft werden.

9) Schwanztrommeln - Warnsignal (auch an den Menschen gerichtet) „Vorsicht, ich greife an“ oftmals zu sehen bevor Diskussionen in ernsthafte Kämpfe übergehen. Oftmals aber auch gezeigt von verunsicherten Tieren deren Sozialverhalten gestört ist (beispielsweise durch lange Einzelhaft - siehe Punkt „Kontaktstörung“ weiter unten).

10) Kugeln - zwei Tiere verbeissen sich ineinander und „rollen“ durch das Gehege. Teils kommt es hierbei zu nicht unerheblichen Verletzungen, meistens jedoch unblutig. Zeichen starker Aggression, oft resultierend aus fehlerhaftem Vorgehen des Halters während der Vergesellschaftung, oftmals kehrt zwischen diesen Tieren auch bei langen Vergesellschaftungs-Versuchen kein Frieden ein. Hier ist es essentiell dass die Tiere schon im Ansatz durch Anpusten irritiert und von ihrem Vorhaben abgebracht werden! Ansonsten entstehen gerade bei mehreren Kastraten gerne Gruppenschlägereien.

Bei Kastraten, die sich nicht sofort lieben, können all diese Verhaltensweisen vorkommen. Kugeln ist kein gutes Zeichen, aber kein Grund die Vergesellschaftung gleich abzubrechen. Die Streithähne kann man durch Anpusten trennen. Erst wenn sich eine Maus auf die andere praktisch einschiesst, so dass er ihn ohne Unterbrechung traktiert, beisst, zwickt, jagt und die andere Maus keine Ruhe mehr findet und auch Anpusten nicht dazu führt, dass jeder verschnaufen kann, sollte man trennen. Leicht blutige Verletzungen können vorkommen, solange es bei einem oder zwei kleinen Löchern bleibt ist auch dies noch kein Trennungsgrund. Kastratenvergesellschaftungen haben viel mit Aussitzen und Abwarten zu tun, man muss eine Menge Geduld mitbringen. Kastraten sind teilweise etwas ruppiger im Umgang als Weibchen, die Rangordnungsdiskussionen finden auf einem anderen Level statt. Aber sie müssen ihren Rang ausfechten sonst kehrt in die Gruppe nie Ruhe ein.

Die Vergesellschaftung an sich wird wie gewohnt durchgeführt. Bei starken Unruhen zwischen den Kastraten sollte man allerdings die Zwischenstationen ausdehnen (außer Transportbox sind 5-7 Tage pro Station eine gute Richtinie) und mit der Inventarzugabe deutlich langsamer sein. Nach etwa 7 Tagen sollte sich die Lage allerdings deutlich entspannen. Man muss damit rechnen, dass nach jedem Größersetzen zunächst Spannungen zwischen den Herren auftreten, diese sollten jedoch nicht lange andauern. Gitterkäfige können unter Umständen das Streitpotential erhöhen, weswegen Dunakäfige als Zwischenschritte vorzuziehen sind. Die schlechte Belüftung fördert zudem eine rasche Bildung des Gruppenduftes.

:!: Dunakäfige an sich sind keine akzeptable Behausung für Tiere und dienen nur als Zwischenschritte bis zum Endgehege!

Kontaktstörungen - Folgen der Einzelhaft

Werden einem sozialen Tier wie der Farbmaus langfristig soziale Kontakte vorenthalten, kann es unter Umständen zu starken Störungen des Sozialverhaltens kommen. Diese Störungen treten häufig erst bei Vergesellschaftungsversuchen zu Tage. Die Tiere reagieren ungewöhnlich aggressiv oder ängstlich auf Annäherungen von Artgenossen, reagieren übermäßig heftig oder zeigen extremer Scheuheit (auch gegenüber dem Halter), verbeissen sich teils heftig und langanhaltend in andere Tiere - oder die Hand des Halters. Je früher das Tier altersmäßig von Gesellschaftstieren getrennt wurde, und je länger die Einzelhaltung andauert, desto massiver können auftretende Verhaltensstörungen ausfallen. Da Farbmausböcke mit 28 Tagen von den Muttertieren getrennt werden, oftmals im Anschluss ohne adulte Vorbilder aufwachsen und teilweise auch rasch aufgrund von Streitereien von den Geschwistern getrennt werden, sind Verhaltensstörungen bei ihnen keine Seltenheit. Leichte Störungen lösen sich meist von alleine durch Kontakte mit Artgenossen. Bei sehr schwerwiegenden Fällen (wenn eine Vergesellschaftung durch das gestörte Tier durch anhaltende Agressionen unmöglich wird)kann auch der Mensch therapierend mitwirken. Dies erfordert jedoch einen sehr erfahrenen Halter und viel Zeit. Zunächst ist es wichtig dass der genaue Auslöser der Aggressionen herausgefunden wird (beispielsweise Berührung). Im Anschluss wird das Tier diesem Reiz wohldosiert ausgesetzt, wobei Intensität und Dauer langsam gesteigert wird bis das Tier auf diese Art Reiz nicht mehr ungewöhnlich reagiert. Erst im Anschluss sollte eine neue Vergesellschaftung versucht werden.